Emissionsfaktor

Ob beim Heizen, Autofahren oder Produzieren – überall entstehen Emissionen. Um diese quantifizieren und vergleichen zu können, braucht es eine messbare Grundlage: den Emissionsfaktor. Er zeigt, wie viel CO₂ oder andere Schadstoffe pro Energieeinheit, Rohstoff oder Aktivität freigesetzt werden. Emissionsfaktoren sind das Herzstück vieler Umweltbilanzen – von Unternehmen, Städten oder ganzen Volkswirtschaften. In diesem Beitrag erfährst du, was ein Emissionsfaktor ist, wie er berechnet wird, woher die Daten stammen und wie sie im Alltag und im Klimaschutz genutzt werden.


Was ist ein Emissionsfaktor?

Der Emissionsfaktor gibt an, wie viel Emissionen (z. B. CO₂, CH₄, NOₓ) bei der Nutzung eines bestimmten Stoffes oder bei einer Aktivität freigesetzt werden – bezogen auf eine definierte Einheit wie Kilogramm, Liter oder Kilowattstunde.

Beispiel: Ein Emissionsfaktor von 0,202 kg CO₂ pro kWh Erdgas bedeutet, dass bei der Verbrennung von 1 kWh Erdgas etwa 202 g CO₂ freigesetzt werden.

Emissionsfaktoren können sich auf unterschiedliche Stoffe und Bezugseinheiten beziehen – sie sind orientierende Durchschnittswerte auf Basis wissenschaftlicher Daten.


Wofür werden Emissionsfaktoren verwendet?

Emissionsfaktoren werden in zahlreichen Bereichen genutzt:

  • Klimabilanzen und CO₂-Rechner
  • CO₂-Preisberechnungen (z. B. Heizkosten, Kraftstoffverbrauch)
  • Ökobilanzen von Produkten oder Dienstleistungen
  • Kommunale und betriebliche CO₂-Bilanzen
  • Emissionshandelssysteme
  • Berichtspflichten (z. B. CSR, ESG, EU-Taxonomie)

➡️ Ohne Emissionsfaktoren wäre keine standardisierte Umweltbewertung möglich.


Wie ist ein Emissionsfaktor aufgebaut?

Typisch ist die Darstellung in folgender Form: Emissionsfaktor (EF) = kg CO₂-Äquivalent/Einheit des eingesetzten Stoffes oder der Aktivität

Emissionsfaktor (EF)=Einheit des eingesetzten Stoffes oder der Aktivitätkg CO₂-Äquivalent​

Beispiele:

QuelleEinheitEmissionsfaktor (CO₂)
ErdgaskWhca. 0,201 kg CO₂/kWh
Heizöl ELLiterca. 2,64 kg CO₂/l
BenzinLiterca. 2,33 kg CO₂/l
DieselLiterca. 2,65 kg CO₂/l
Strom (DE, 2023)kWhca. 0,36 kg CO₂/kWh
BraunkohlekWhca. 1,17 kg CO₂/kWh

💡 Die Werte gelten für die reine Verbrennung, ohne Vorketten-Emissionen.


Woher stammen die Emissionsfaktoren?

Zentrale Quellen für Emissionsfaktoren sind:

  • IPCC (Weltklimarat) – internationale Standardisierung
  • Umweltbundesamt (UBA) – deutsche Durchschnittswerte
  • DEFRA (UK), EPA (USA) – für internationale Vergleichswerte
  • GEMIS-Datenbank, ecoinvent – für Produkt- und Prozessanalysen
  • Bilanzen von Energieversorgern (z. B. Strommix-bezogene Werte)

➡️ Je nach Quelle und Methode können die Werte leicht variieren – wichtig ist die transparente Dokumentation.


Arten von Emissionsfaktoren

1. Direkte Emissionen (Scope 1)

  • Verbrennung fossiler Energieträger (z. B. Heizung, Fahrzeuge)

2. Indirekte Emissionen durch Strom (Scope 2)

  • Stromverbrauch, Fernwärme etc.

3. Vorkettenemissionen (Scope 3)

  • Herstellung, Transport, Entsorgung von Produkten
  • Flugreisen, Pendelverkehr, Papierverbrauch usw.

Scope-Kategorien stammen aus dem Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) – dem weltweit anerkannten Standard für Emissionsbilanzen.


Emissionsfaktor vs. CO₂-Fußabdruck

  • Emissionsfaktor = Einzelwert pro Aktivität oder Einheit
  • CO₂-Fußabdruck = Gesamtsumme aller Emissionen über Lebenszyklus

➡️ Emissionsfaktoren sind Grundlage für die Berechnung des CO₂-Fußabdrucks (Carbon Footprint) von Personen, Produkten oder Organisationen.


Beispielhafte Anwendung: CO₂-Ausstoß beim Heizen

Ein Haushalt verbraucht 20.000 kWh Erdgas pro Jahr.

  • Emissionsfaktor Erdgas: 0,201 kg CO₂/kWh
  • Rechnung: 20.000 × 0,201 = 4.020 kg CO₂/Jahr

Durch Wärmedämmung und Umstieg auf Wärmepumpe mit Ökostrom (0 kg CO₂/kWh) könnten diese Emissionen deutlich gesenkt werden.


Relevanz für CO₂-Preis und Emissionshandel

Der CO₂-Preis im nationalen Emissionshandel basiert auf Emissionsfaktoren:

  • Für Heizöl, Erdgas und Kraftstoffe gelten gesetzlich definierte Emissionsfaktoren
  • Unternehmen müssen für jede verkaufte Einheit CO₂-Zertifikate kaufen – berechnet über die Faktoren

➡️ Für 1.000 Liter Heizöl (2,64 kg CO₂/l) ergibt sich ein CO₂-Ausstoß von 2,64 t → bei 45 €/t = 118,80 € CO₂-Kosten

Emissionsfaktoren in der Unternehmenspraxis

Anwendung bei:

  • Klimabilanzen nach GHG Protocol (Scopes 1–3)
  • Corporate Carbon Footprints (CCF)
  • Product Carbon Footprints (PCF)
  • Nachhaltigkeitsberichte nach CSRD oder ESG-Kriterien

Unternehmen nutzen Emissionsfaktoren z. B. für:

  • Fuhrpark (km × Emissionsfaktor Pkw)
  • Energiebezug (kWh Strom × Emissionsfaktor Strommix)
  • Geschäftsreisen (Flugkilometer × Faktor)
  • Lieferkette (Scope 3)

Herausforderungen bei der Nutzung

  • Unterschiedliche Quellen und Standards → Vergleichbarkeit beachten
  • Veraltete Faktoren → regelmäßige Aktualisierung erforderlich
  • Schätzungen statt Messungen → Genauigkeit abhängig von Datenqualität
  • Regionale Unterschiede (z. B. Strommix in DE ≠ FR ≠ PL)

➡️ Wichtig: Quellen dokumentieren, Annahmen transparent machen.


Emissionsfaktoren und CO₂-Kompensation

Um z. B. einen Flug oder eine Veranstaltung zu kompensieren, muss zuerst der CO₂-Ausstoß geschätzt werden – mithilfe von Emissionsfaktoren.

Beispiel: 2.000 km Pkw-Dienstfahrt mit Mittelklassewagen (Faktor: 0,18 kg/km)

→ Emissionen: 2.000 × 0,18 = 360 kg CO₂

➡️ Dieser Wert kann anschließend durch Kompensationsprojekte ausgeglichen werden.


Häufige Fragen (FAQs)

Was versteht man unter einem Emissionsfaktor?
Ein Emissionsfaktor ist ein Kennwert, der angibt, wie viel CO₂ oder andere Schadstoffe bei einer bestimmten Aktivität oder pro Nutzungseinheit freigesetzt werden.

Wie genau sind Emissionsfaktoren?
Sie liefern realistische Durchschnittswerte – individuelle Abweichungen sind möglich. Für präzise Analysen sollten sie regelmäßig aktualisiert und an den Kontext angepasst werden.

Wo finde ich verlässliche Emissionsfaktoren?
Beim Umweltbundesamt (UBA), IPCC, GHG Protocol, ecoinvent, Defra oder spezialisierten Umweltberatungen.

Wofür werden Emissionsfaktoren in Unternehmen genutzt?
Zur Erstellung von CO₂-Bilanzen, Nachhaltigkeitsberichten, für Klimastrategien, Emissionsberichte und zur CO₂-Kompensation.

Sind Emissionsfaktoren gesetzlich vorgeschrieben?
Nicht direkt – aber sie werden in vielen Regelwerken und Standards (GHG Protocol, ISO 14064, CSRD) empfohlen und anerkannt.


Fazit: Emissionsfaktoren – Schlüsselgröße für Klimatransparenz und Nachhaltigkeit

Ob Unternehmen, Privatperson oder Kommune – wer Emissionen verstehen, bilanzieren oder kompensieren will, braucht verlässliche Emissionsfaktoren. Sie sind die mathematische Brücke zwischen Aktivität und Umweltwirkung – und ermöglichen fundierte Entscheidungen für Klimaschutz, Effizienz und Glaubwürdigkeit. Die richtige Anwendung und Auswahl entscheidet über die Qualität jeder Umweltbilanz – und damit auch über die Wirkung nachhaltiger Strategien.