Außergewöhnliche Belastung

Manche Ausgaben lassen sich nicht vermeiden – sie treffen uns unerwartet, sind existenziell und oft mit hoher finanzieller Belastung verbunden. Ob Krankheitskosten, Pflege von Angehörigen oder Beerdigungen: Der Gesetzgeber erkennt solche Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung an. Das bedeutet: Sie können unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich geltend gemacht werden und deine Steuerlast senken. In diesem Beitrag erfährst du, was genau eine außergewöhnliche Belastung ist, welche Ausgaben dazugehören, wie du sie richtig in der Steuererklärung angibst – und was du zur sogenannten zumutbaren Eigenbelastung wissen musst.


Was ist eine außergewöhnliche Belastung?

Eine außergewöhnliche Belastung liegt vor, wenn eine private Ausgabe…

  • zwangsläufig entstanden ist (nicht freiwillig),
  • außerhalb des Üblichen liegt,
  • und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt.

Rechtsgrundlage: § 33 Einkommensteuergesetz (EStG)


Arten außergewöhnlicher Belastungen

1. Allgemeine außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG)

Diese betreffen individuell entstandene Kosten, z. B.:

  • Krankheitskosten (z. B. Zuzahlungen, Zahnersatz, Brillen, Therapien)
  • Pflegekosten für Angehörige oder Heimunterbringung
  • Beerdigungskosten (soweit sie nicht aus dem Nachlass gedeckt sind)
  • Behinderungskosten (soweit kein Pauschbetrag geltend gemacht wird)
  • Scheidungskosten (nur noch in Ausnahmefällen)

👉 Diese müssen nachgewiesen und dokumentiert werden.

2. Besondere außergewöhnliche Belastungen (§§ 33a–33b EStG)

Hier gelten Pausch- oder Höchstbeträge, z. B.:

  • Unterhaltszahlungen an bedürftige Angehörige (§ 33a Abs. 1 EStG)
  • Kosten für Heimunterbringung (§ 33a Abs. 2 EStG)
  • Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung (§ 33b EStG)

Was zählt (nicht) als außergewöhnliche Belastung?

Absetzbar sind z. B.:

  • Medikamente, die vom Arzt verordnet wurden
  • Fahrtkosten zur Therapie (nachgewiesen)
  • Hörgeräte, Brillen, Prothesen
  • Pflegekosten (ambulant oder stationär)
  • Haushaltshilfen bei Krankheit (mit ärztlichem Attest)
  • Beerdigungskosten (soweit notwendig)

Nicht absetzbar:

  • Wellness- oder Schönheitsbehandlungen
  • Umzugskosten (meist Werbungskosten)
  • Privat veranlasste Reisen oder Freizeitaktivitäten
  • Kosten, die aus freiwilligen Entscheidungen resultieren

Nachweis & Dokumentation

Damit eine außergewöhnliche Belastung vom Finanzamt anerkannt wird, musst du:

  1. Belege aufbewahren (Rechnungen, Quittungen)
  2. Ärztliche Verordnungen oder Atteste beifügen
  3. Zahlungsnachweise erbringen (Überweisungsbelege)

💡 Tipp: Sammelaufstellungen oder Excel-Tabellen mit fortlaufender Dokumentation sind hilfreich – besonders bei wiederkehrenden Aufwendungen wie Therapiekosten.


Die Zumutbare Eigenbelastung

Nicht alle außergewöhnlichen Belastungen werden sofort berücksichtigt – zunächst wird ein Eigenanteil, die sogenannte zumutbare Belastung, abgezogen. Nur die darüber hinausgehenden Kosten senken die Steuerlast.

Die Höhe richtet sich nach:

  • dem Gesamtbetrag der Einkünfte
  • dem Familienstand
  • der Anzahl der Kinder mit Kindergeldanspruch

Beispiel (Stand 2025, grob vereinfacht):

  • Lediger ohne Kind, Einkommen 40.000 €
  • Zumutbare Eigenbelastung: ca. 5 % = 2.000 €
    → Nur der Teil der außergewöhnlichen Belastung über 2.000 € ist absetzbar

Achtung: Die Eigenbelastung wird automatisch vom Finanzamt berechnet – du musst sie nicht selbst angeben.


So gibst du außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung an

  • Anlage Außergewöhnliche Belastungen in ELSTER oder Papierformular
  • Relevante Nachweise als Anhang (PDF oder Kopie)
  • Pauschbeträge (z. B. für Behinderung) in der Anlage Vorsorgeaufwand oder Kind

💡 Du kannst auch in ELSTER eine Steuerberechnung simulieren, um zu sehen, wie sich die Belastungen auf deine Steuer auswirken.


Praxisbeispiele

Beispiel 1: Krankheitskosten

  • Zuzahlungen Medikamente: 650 €
  • Physiotherapie: 300 €
  • Brille: 400 € → Gesamt: 1.350 €
    → Bei Eigenbelastung von 1.000 € → 350 € absetzbar

Beispiel 2: Pflegekosten Mutter

  • Heimunterbringung: 12.000 €/Jahr
  • Mutter hat nur kleine Rente, Unterhaltspflicht liegt beim Sohn → Bis zu 10.908 € pro Jahr absetzbar (§ 33a Abs. 1 EStG)

Alternativen zur Einzelabrechnung

Pauschbetrag für Behinderung (§ 33b EStG)

  • Abhängig vom Grad der Behinderung (GdB)
  • 30 % GdB = 384 € Pauschbetrag (ab 2021 deutlich erhöht)
  • Ab 50 % GdB sind Fahrtkosten und weitere Aufwendungen pauschal abgedeckt

Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG)

  • 600 € bis 1.800 € jährlich
  • Gilt bei unentgeltlicher Pflege eines Angehörigen mit Pflegegrad 2 oder höher
  • Keine Einzelbelege nötig

Häufige Fehler bei der Angabe

  • Fehlen ärztlicher Nachweise
  • Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung
  • Angabe von unzulässigen Kosten (z. B. alternative Heilmethoden ohne Nachweis)
  • Falsche Zuordnung zu Werbungskosten statt außergewöhnliche Belastung

Häufige Fragen (FAQs)

Welche Ausgaben gelten als außergewöhnliche Belastung?

Z. B. Krankheitskosten, Pflegekosten, Beerdigungskosten oder Unterhaltszahlungen.

Wie hoch ist die zumutbare Eigenbelastung?

Sie richtet sich nach Einkommen, Familienstand und Anzahl der Kinder – zwischen 1–7 % des Einkommens.

Kann ich Brillen und Zahnersatz absetzen?

Ja, sofern medizinisch notwendig und durch ärztliche Verordnung belegt.

Wie wird der Pflege-Pauschbetrag angesetzt?

Pauschal – ohne Beleg – wenn ein Angehöriger mit Pflegegrad unentgeltlich gepflegt wird.

Was passiert, wenn ich keine Belege einreiche?

Dann werden die Aufwendungen in der Regel nicht anerkannt.


Fazit: Mit außergewöhnlichen Belastungen Steuern sparen – aber richtig

Ob Krankheit, Pflege oder Bestattung – viele Ausgaben sind unvermeidbar und belasten das Einkommen. Gut, dass der Staat solche Kosten unter bestimmten Bedingungen steuerlich berücksichtigt. Wer seine außergewöhnlichen Belastungen vollständig und korrekt dokumentiert, kann mitunter mehrere hundert oder tausend Euro Steuern sparen. Wichtig ist jedoch: Belege sammeln, Fristen einhalten und die Voraussetzungen genau prüfen. Bei Unsicherheiten lohnt sich der Gang zu einem Steuerberater – damit du bekommst, was dir zusteht.