Im öffentlichen Dienst entscheidet nicht nur die Besoldungsgruppe über die Höhe des Einkommens, sondern auch die sogenannte Erfahrungsstufe. Diese spiegelt die Berufserfahrung innerhalb einer bestimmten Laufbahn wider und beeinflusst maßgeblich das monatliche Grundgehalt. Wer länger im Dienst ist, steigt automatisch in höhere Erfahrungsstufen auf – und erhält dadurch mehr Gehalt. Doch wie funktioniert dieses System genau? Was zählt zur Erfahrungszeit? Und welche Besonderheiten gelten bei Wechseln, Teilzeit oder Elternzeit? In diesem Beitrag findest du alles, was du über Erfahrungsstufen wissen musst.
Was ist eine Erfahrungsstufe? – Definition
Die Erfahrungsstufe ist eine von mehreren Gehaltsstufen innerhalb einer Besoldungsgruppe oder Entgeltgruppe, die sich nach der Dienstzeit bzw. Berufserfahrung richtet.
Je länger jemand im öffentlichen Dienst tätig ist, desto höher fällt die Erfahrungsstufe – und damit das Grundgehalt – aus.
Erfahrungsstufen gelten für:
- Beamte (Besoldungsgruppen A, B, R, W)
- Tarifbeschäftigte (TVöD, TV-L, TV-H)
- Richter und Soldaten mit ähnlichen Mechanismen
Funktionsweise der Erfahrungsstufen
- Beim Einstieg in den öffentlichen Dienst erfolgt die Zuordnung zu einer Stufe (i. d. R. Stufe 1)
- Danach erfolgt ein automatischer Aufstieg in regelmäßigen Zeitabständen – z. B. nach 1, 2 oder 3 Jahren
- Die Dauer bis zur nächsten Stufe ist im jeweiligen Gesetz oder Tarifvertrag geregelt
- Der Aufstieg erfolgt leistungsunabhängig – solange keine Unterbrechung vorliegt
Erfahrungsstufen im Beamtenbereich
Für Beamte gelten die Regeln der jeweiligen Besoldungsgesetze (BBesG oder Landesbesoldungsgesetze).
Beispiel: Besoldungsgruppe A 12 (Bund)
Erfahrungsstufe | Grundgehalt (brutto, ca.) |
---|---|
Stufe 1 | 3.765 € |
Stufe 5 | 4.405 € |
Stufe 8 (Endstufe) | 4.845 € |
Aufstiegsrhythmus (typisch Bund):
- Stufe 1 → 2: nach 1 Jahr
- 2 → 3: nach 2 Jahren
- 3 → 4: nach 3 Jahren
- 4 → 5: nach 4 Jahren
- 5 → 6: nach 5 Jahren usw.
Erfahrungsstufen im Tarifbereich (TVöD / TV-L)
Auch Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst steigen in Erfahrungsstufen auf. Hier ist die Entgeltgruppe (z. B. E 9) entscheidend, innerhalb derer es 6 Stufen gibt.
Beispiel: Entgeltgruppe E 9b (TVöD Bund, Stand 2024)
Stufe | Monatliches Bruttogehalt |
---|---|
1 | 3.019 € |
6 | 4.130 € |
Aufstieg (TVöD Bund):
- Stufe 1 → 2: nach 1 Jahr
- 2 → 3: nach 2 Jahren
- 3 → 4: nach 3 Jahren
- 4 → 5: nach 4 Jahren
- 5 → 6: nach 5 Jahren
Anrechnung von Berufserfahrung
Erfahrungszeiten können auch außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben worden sein – unter bestimmten Bedingungen:
- Tätigkeit muss gleichwertig gewesen sein
- Antrag erforderlich (z. B. bei Einstellung oder Laufbahnwechsel)
- Wird individuell durch den Arbeitgeber/Dienstherrn geprüft
💡 Tipp: Unbedingt bei Einstellung ansprechen, sonst startet man automatisch in Stufe 1!
Besonderheiten bei Unterbrechungen
1. Elternzeit
- Wird meist nicht als Erfahrungszeit angerechnet
- Kein Stufenaufstieg während der Elternzeit
- Ausnahme: Bei gleichzeitiger Teilzeittätigkeit evtl. teilweise Anrechnung
2. Teilzeit
- Wirkt sich nicht negativ auf Erfahrungsstufen aus
- Teilzeit zählt voll zur Erfahrungszeit (gilt auch bei weniger als 50 %)
3. Beurlaubung / Sonderurlaub
- Ohne Bezüge → i. d. R. keine Anrechnung
- Mit Bezügen → Anrechnung meist vollständig
Bedeutung der Erfahrungsstufe
- Direkte Auswirkung auf das Einkommen
- Langfristiger Gehaltszuwachs ohne Beförderung
- Maßstab für soziale Absicherung (z. B. Pension, Mutterschutzgeld)
- Relevanz für Karriere- und Lebensplanung
Wechsel zwischen Arbeitgebern / Dienstherren
- Bei Wechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes (z. B. von Bund zu Land):
→ Stufenübernahme möglich, aber nicht garantiert - Bei Wechsel von privat zu öffentlich: → Prüfung auf Gleichwertigkeit der Tätigkeit erforderlich
Leistungsbezogene Aspekte?
Anders als im freien Arbeitsmarkt hängt die Erfahrungsstufe nicht vom individuellen Erfolg oder Zielerreichung ab. Der Aufstieg erfolgt zeitbasiert, wobei manche Länder leistungsbezogene Sonderzulagen ergänzend gewähren.
Häufige Fragen (FAQs)
Wie lange dauert der Aufstieg in die nächste Erfahrungsstufe?
Je nach Stufe zwischen 1 und 5 Jahren – Details regeln die Besoldungs- oder Tarifverträge.
Kann ich eine höhere Stufe bei Einstellung beantragen?
Ja – bei relevanter Berufserfahrung ist eine Einstufung in Stufe 2 oder höher möglich, muss aber beantragt und begründet werden.
Gibt es auch Rückstufungen?
In der Regel nicht – es sei denn bei disziplinarischen Maßnahmen oder tariflichen Ausnahmen.
Zählt Elternzeit zur Erfahrungsstufe?
Nein, meist nicht. Nur bei paralleler Teilzeittätigkeit kann anteilige Anrechnung erfolgen.
Gibt es eine Endstufe?
Ja – z. B. Stufe 8 im Beamtenrecht oder Stufe 6 im TVöD. Danach gibt es keine automatischen Erhöhungen mehr.
Fazit: Die Erfahrungsstufe als Schlüssel für geregelten Gehaltsaufstieg
Die Erfahrungsstufe ist ein zentrales Instrument zur fairen Vergütung im öffentlichen Dienst. Sie belohnt Dienstzeit, sorgt für transparente Gehaltsentwicklungen und erleichtert die Planbarkeit von Karriere und Einkommen. Wer seine Stufe kennt, weiß nicht nur, was ihm zusteht, sondern kann auch gezielt Einfluss auf die Einstufung nehmen – etwa durch Anerkennung früherer Tätigkeiten. So lässt sich auch ohne Beförderung ein spürbarer Gehaltsanstieg erzielen.